S&P Global Ratings Information
S&P Global Ratings
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Rechtsform | GeschÀftsbereich von S&P Global Inc. |
GrĂŒndung | 1941 |
Sitz | New York City |
Leitung | Douglas Peterson |
Mitarbeiterzahl | 22.850 (2021) [1] |
Umsatz | 8,3 Mrd. USD (2021) [2] |
Branche | Finanzdienstleister |
Website | https://www.spglobal.com |
S&P Global Ratings (vormals Standard and Poorâs Corporation) ist eine international bekannte Kredit-Ratingagentur. Sie entstand 1941 aus der Verschmelzung der US-amerikanischen Unternehmen H.V. & H.W. Poor Co. und Standard Statistics Bureau. Seit 1966 bis 2011 war S&P eine Tochtergesellschaft von McGraw-Hill. Kernbereich der Gesellschaft ist die Bewertung und Analyse anderer Wirtschaftsunternehmen, Banken und Staaten hinsichtlich ihrer BonitĂ€t. S&P ist die dominierende Ratingagentur neben den kleineren Unternehmen Moodyâs und Fitch Ratings, die zusammen als die GroĂen Drei (englisch big three) bezeichnet werden. AuĂerdem erstellt S&P zahlreiche Aktienindizes der amerikanischen Börsen und Rohstoffindizes. Neben der Zentrale des Unternehmens in New York City gibt es 35 Standorte an FinanzplĂ€tzen in aller Welt, davon neun in Europa, darunter auch in Frankfurt. [3]
Marktposition
S&P dominiert den Weltmarkt mit 40 Prozent Marktanteil. Die Umsatzrendite von S&P lag im Jahr 2011 ĂŒber 40 Prozent. [4]
Nach eigenen Angaben haben S&P und Moodyâs im Jahr 2009 ĂŒber eine Million Kredite beurteilt. Mit dieser Aufgabe waren etwa je Agentur 1000 Analysten befasst. Die Agenturen stellen den Anleihe-Emittenten der je Beurteilung 3 bis 4 Basispunkte in Rechnung, abhĂ€ngig von Emissionsvolumen. Neben der Preisgestaltung von einzelnen Emissionen gibt es ein Preismodell fĂŒr GroĂunternehmen und -banken, die hĂ€ufig Darlehen aufnehmen, ein Rabattsystem fĂŒr GroĂkunden. Die Einnahmen erscheinen gering, aber es ist die Masse, die die hohen Gewinne erbringt. Das Ergebnis wird zusĂ€tzlich durch die geringen Kosten befördert, die die Ratingagenturen vor allem in ihrem kleinen Personalbereich haben. Rudolf Hickel schrieb 2012, die drei Ratingagenturen seien eine âprivate Lizenz zum Geldscheffelnâ. [5]
BonitÀtsnotenskalen
Standard & Poorâs verwendet folgende BonitĂ€tsnoten (âRatingcodesâ), die sich nicht wesentlich von den Beurteilungskriterien der anderen beiden groĂen Ratingagenturen unterscheiden:
AnlagewĂŒrdig (englisch investment grade)
- AAA: ZuverlÀssige und stabile Schuldner, höchste QualitÀt
- AA: Gute Schuldner, etwas höheres Risiko als AAA
- A: Wirtschaftliche Gesamtlage ist zu beachten
- BBB: Schuldner mittlerer GĂŒte, die momentan zufriedenstellend agieren
Spekulativ (englisch non-investment grade oder speculative)
- BB: Sehr abhÀngig von wirtschaftlicher Gesamtlage
- B: Finanzielle Situation ist notorisch wechselhaft
- CCC: Spekulativ, niedrige Einnahmen des Schuldners
- CC: wie CCC
- C: wie CCC
- CI: ausstehende Zinszahlungen
- SD: Zahlungsausfall in einigen Bereichen
- R: unter regulatorischer Aufsicht, möglicherweise selektiver Zahlungsverzug/-ausfall in Zukunft
- D: in Zahlungsverzug
- NR: nicht bewertet (englisch not rated)
Die Ratingcodes von AA bis CCC können durch die angehĂ€ngten Zeichen + oder â modifiziert sein, um eine feinere Abstufung innerhalb einer BonitĂ€tsstufe anzuzeigen; Beispiel: AA+ und AAâ.
Diese BonitĂ€tsnoten sind fĂŒr die Betrachtung eher langfristiger Anlagen bestimmt; fĂŒr die kurze Frist gibt es eine verkĂŒrzte Zweitskala.
Anleihen mit spekulativer BonitĂ€tseinstufung (BB und schlechter) werden als Hochzinsanleihen, Schrottanleihen oder Ramschanleihen (englisch high yield bonds oder junk bonds) bezeichnet. Als Kompensation fĂŒr ihre hohe Ausfallwahrscheinlichkeit versprechen sie hohe Renditen. Hochzinsanleihen begeben zum Beispiel SchwellenlĂ€nder, aber auch mittelstĂ€ndische Unternehmen schlechterer BonitĂ€t, die ĂŒber eine solche Anleihe immer noch weniger Zinsen als fĂŒr einen Bankkredit zahlen mĂŒssen.
Es ist ebenso möglich, dass bereits emittierte anlagewĂŒrdige Anleihen wĂ€hrend der Laufzeit stark herabgestuft und so zu Schrottanleihen werden (ein Beispiel sind Griechenland-Anleihen wĂ€hrend der Griechenland-Krise 2011/2012).
Eine BonitĂ€tsbewertung (Rating) drĂŒckt lediglich aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unternehmen oder Staat â nach EinschĂ€tzung der Ratingagentur â seinen Kapitaldienstverpflichtungen nachkommen wird (also seine Schulden tilgen wird). Es ist keine Kaufempfehlung. Die Zweiteilung der BonitĂ€tsstufen in anlagewĂŒrdig und spekulativ ist jĂŒnger und zu einem gewissen Grad willkĂŒrlich.
Siehe auch: Rating (enthÀlt eine Vergleichstabelle mit den BonitÀtsnotenskalen der wichtigsten Ratingagenturen)
S&P-Indizes
Das Unternehmen veröffentlicht folgende Aktien- und Rohstoffindizes:
Aktienindizes
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Rohstoffindizes |
Kritik
Aufgrund des groĂen Einflusses der Ratingnoten auf das Tun und Lassen vieler Marktteilnehmer werden die verwendeten Methoden zum Teil Ă€uĂerst kritisch betrachtet. AnlĂ€sslich der Herabstufung der USA hatte zum Beispiel das US-Finanzministerium reklamiert, dass S&P zwei Billionen US-Dollar nicht berĂŒcksichtigt habe. Die Börsenaufsicht SEC leitete 2011 eine Untersuchung der Rechenmethoden ein. [6] Angeblich aufgrund eines Computerfehlers hat S&P irrtĂŒmlich eine Meldung ĂŒber die Herabstufung Frankreichs verbreitet. [7] Am 6. Dezember 2011 sorgte S&P erneut fĂŒr Schlagzeilen, als man eine Meldung zur drohenden Herabstufung von 15 Eurostaaten veröffentlichte. Unter anderem mĂŒsse Deutschland mit dem Verlust seines AAA-Ratings rechnen. Experten kritisierten das Vorgehen der Ratingagentur, da die Meldung bei verschiedenen Marktteilnehmern bereits die Runde machte, noch bevor S&P sie offiziell veröffentlichte. Einzelne HĂ€ndler hĂ€tten so einen unfairen Informationsvorsprung gehabt. [8] Trotz des negativen Ausblicks fĂŒr die 15 Euro-LĂ€nder Anfang Dezember kam es nicht zu einer dauerhaften Verteuerung von Schuldtiteln der Eurozone. [9] Im Januar 2012 senkte Standard & Poorâs die KreditwĂŒrdigkeit von neun Euro-LĂ€ndern, darunter auch Frankreich und Ăsterreich. Die beiden LĂ€nder wurden von der Bestnote AAA auf AA+ herabgestuft. [10] [11] [12]
Prognosen sind Voraussagen auf die Zukunft basierend auf Daten der Vergangenheit, eine ihrer wichtigen Methoden ist die Extrapolation (siehe auch Regressionsanalyse). Nicht nur wegen methodischer Fehler oder Rechenfehler sind Fehlprognosen möglich â es können unvorhersehbare Ereignisse eintreten (z. B. die Nuklearkatastrophe von Fukushima), die das Wirtschaftsgeschehen beeinflussen. Den Rating-Agenturen wird â ebenso wie grundlegenden volkswirtschaftlichen Theorien â vorgeworfen, dass sie ökonomische GroĂkrisen, so die andauernde Finanzkrise von 2007 nicht haben âkommen sehenâ. [13] Kritiker bemĂ€ngeln insbesondere, dass die Schlussfolgerungen aus mathematischen Modellen nur jene Voraussetzungen spiegeln, welche in die Modelle eingeflossen sind. [13] Schwarze SchwĂ€ne â als Metapher fĂŒr Unvorhergesehenes â wĂŒrden hĂ€ufig in den Modellen nicht berĂŒcksichtigt, so der Finanzmathematiker und Philosoph Nassim Nicholas Taleb. [14]
Ewald Nowotny, Chef der Ăsterreichischen Nationalbank, kritisierte am 12. Januar 2012 im Fernsehsender ORF, Standard & Poorâs sei âsicherlich sehr viel aggressiver und sehr viel politischerâ als die anderen Ratingagenturen. âDas ist ja eine politische Aktion, wenn in einem Schlag ganz Europa heruntergeratet wird oder zumindest eine negative Perspektive erhĂ€lt.â [15]
GebĂŒhrenerhöhung 2012
S&P erhöhte seine GebĂŒhren im FrĂŒhjahr 2012 krĂ€ftig. Im April 2012 protestierten zwölf deutsche Konzerne â Bayer, Continental, Daimler, Lufthansa, Deutsche Post, E.on, Henkel, Linde, RWE, Siemens, VW sowie der Familienkonzern Bertelsmann â dagegen in einem offenen Brief. [16]
Verurteilung in Australien wegen irrefĂŒhrender Bewertungen
Am 5. November 2012 verurteilte ein Bundesgericht in Australien Standard & Poorâs gemeinsam mit der niederlĂ€ndischen GroĂbank ABN AMRO und dem Finanzdienstleister LGFS zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 30 Millionen australische Dollar (rund 24 Millionen Euro) wegen irrefĂŒhrender Bewertungen von Finanzprodukten. Ende 2006 hatten mehrere australische KleinstĂ€dte fĂŒr 16 Millionen australische Dollar (zirka 12,8 Millionen Euro) Kreditderivate âconstant proportion debt obligationsâ (CPDO) von ABN Amro mit der Bestnote âAAAâ gekauft. Trotz der Versicherung von LGFS, dass das Verlustrisiko bei unter einem Prozent liege, verloren die Gemeinden, die mehrheitlich vom Bergbau und der Landwirtschaft leben, ĂŒber 90 Prozent ihres investierten Kapitals. Der PrĂ€zedenzfall könnte auch zu Prozessen in Europa und den Vereinigten Staaten fĂŒhren. Standard & Poorâs kĂŒndigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen. [17]
Klage des US-Justizministeriums im Februar 2013
Das US-Justizministerium hatte im Februar 2013 Klage gegen Standard & Poorâs eingereicht. Wegen der Vergabe zweifelhafter BonitĂ€tsnoten fĂŒr Ramschanleihen aus der US-Immobilienkrise muss Standard & Poorâs insgesamt 1,5 Milliarden Dollar (umgerechnet 1,32 Milliarden Euro) zahlen. Das Unternehmen teilte am 2. Februar 2015 mit, einen Vergleich mit dem US-Justizministerium, 19 Bundesstaaten und der Hauptstadt Washington geschlossen zu haben. Die Ratingagentur legt auch jetzt Wert darauf, dass sie keine GesetzesverstöĂe zugegeben habe. [18] Zum Vergleich: Der Internationale WĂ€hrungsfonds (IWF) geht in einer Kalkulation vom August 2009 von Gesamtverlusten von 11,9 Billionen US-Dollar aus. [19] Eine Studie der Deutsche Bank Research bezifferte die krisenbedingte Minderung des Welt-BIPs auf vier Billionen US-Dollar. [20]
Siehe auch
Weblinks
Belege
- â Wissen: Wem gehören die Ratingagenturen? 17. Januar 2012, abgerufen am 23. April 2012.
- â S&P Global Revenue 2010â2022. Abgerufen am 7. August 2022.
- â Office Locations | S&P Global. Abgerufen am 12. November 2021 (amerikanisches Englisch).
- â Rudolf Hickel: Zerschlagt die Banken, S. 100, Econ Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-430-20141-4.
- â Rudolf Hickel: Zerschlagt die Banken, S. 102, Econ Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-430-20141-4.
- â Börsenaufsicht ermittelt gegen S&P Handelsblatt, 14. August 2011.
- â âDie vermeintliche Herabstufung der französischen KreditwĂŒrdigkeit hatte am Donnerstag Ăngste vor einer VerschĂ€rfung der europĂ€ischen Schuldenkrise geschĂŒrt. Französische Staatsanleihen verbuchten kurz danach die gröĂten Wertverluste seit EinfĂŒhrung des Euro. Auch an den AktienmĂ€rkten in den USA und Europa löste die Nachricht Kursverluste aus.â S&P nennt Computerfehler als Grund fĂŒr Ratingpanne ( Memento des Originals vom 13. November 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprĂŒft. Bitte prĂŒfe Original- und Archivlink gemÀà Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Reuters Deutschland, 12. November 2011.
- â https://www.ftd.de/finanzen/maerkte/anleihen-devisen/:top-rating-aaa-s-p-tut-s-schon-wieder/60138714.html ( Memento vom 31. Dezember 2011 im Internet Archive)
- â S&P Downgrades: Ăsterreich, Frankreich, Italien, Spanien und weitere Staaten betroffen ( Memento vom 6. Juni 2016 im Internet Archive) In: wirtschaftsblatt.at vom 13. Januar 2012. Abgerufen am 14. Januar 2012.
- â France's Unsolicited Long-Term Ratings Lowered To 'AA+'; Outlook Negative ( Memento vom 19. Januar 2012 im Internet Archive) bei standardandpoors.com, 13. Januar 2012. Abgerufen am 14. Januar 2012.
- â Austria's Long-Term Ratings Lowered To 'AA+'; Outlook Negative ( Memento vom 20. Januar 2012 im Internet Archive) In: standardandpoors.com vom 13. Januar 2012. Abgerufen am 14. Januar 2012.
- â âCredit FAQ: Factors Behind Our Rating Actions On Eurozone Sovereign Governmentsâ; Standard & Poor's Pressemeldung, 13. Januar 2012 ( Memento vom 7. Februar 2012 im Internet Archive)
- â a b Olaf Storbeck: Fundamentalkritik: Wie die Finanzkrise die VWL auf den Kopf stellt. In: Handelsblatt. 14. Januar 2010.
- â Nassim Nicholas Taleb: Der schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse. Hrsg.: Hanser Wirtschaft. 2008, ISBN 978-3-446-41568-3. (Original: The Black Swan: The Impact of the Highly Improbable. Penguin, 2008, ISBN 978-0-14-103459-1).
- â Standard & Poor's startet Rundumschlag gegen Europa In: spiegel.de vom 13. Januar 2012.
- â Deutsche Konzerne rebellieren gegen Rating-Riesen In: spiegel.de vom 23. April 2012.
- â PrĂ€zedenzfall: Standard & Poor's erstmals fĂŒr irrefĂŒhrende Ratings verurteilt In: sueddeutsche.de vom 5. November 2012. Abgerufen am 5. November 2012.
- â Standard & Poorâs muss USA Milliardenstrafe zahlen bei ORF.at vom 3. Februar 2015. Abgerufen am 5. Februar 2015.
- â Edmund Conway: IWF erhöht Prognose ĂŒber Kosten der Finanzkrise auf 11,9 Billionen US-Dollar In: telegraph.co.uk vom 8. August 2009. Abgerufen am 5. September 2022.
- â Bernhard Graf und Stefan Schneider: âWie bedrohlich sind die mittelfristigen Inflationsriiken?â In: Deutsche Bank Research 30. April 2009 (PDF; 301 kB).