Kronrat (Rumänien) Information

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Nach der Unterzeichnung einer neuen Verfassung 1938 ersetzte Karl II. das Parlament durch den Kronrat
Karl II. mit Patriarch Miron Cristea, dem Vorsitzenden des Kronrats

Der rumänische Kronrat ( rumänisch Consiliul de Coroană) war eine staatliche Institution im Königreich Rumänien. Der Kronrat hatte nur beratende Funktion, diente den rumänischen Königen aber wiederholt dazu, am zerstrittenen Parlament vorbei Rat für bestimmte richtungsweisende Entscheidungen einzuholen, z. B. über Krieg und Frieden.

Der Kronrat war zunächst nur eine informelle und außerordentliche Versammlung von Vorsitzenden der im Parlament vertretenen Parteien, Elder Statesmen, Militärs und Kirchenführern des Landes. [1] Erstmals wurde er wohl 1877 von Karl I. einberufen und sprach sich für den Eintritt Rumäniens in den Russisch-Osmanischer Krieg (1877–1878) aus. Im Ersten Weltkrieg stimmte der Kronrat 1914 jedoch gegen den von Karl I. gewünschten Kriegseintritt auf Seiten der Mittelmächte [1] und drängte Karls Nachfolger Ferdinand I. 1916 stattdessen zum Krieg gegen Österreich-Ungarn. Nach der rumänischen Niederlage musste der Kronrat dann 1918 Separatfriedensverhandlungen mit den Mittelmächten absegnen. Nach dem Krieg beschäftigte er sich 1925 und 1937 nur mit Fragen der Thronfolge.

Mit der Errichtung der Königsdiktatur Karls II. wurde der Kronrat am 30. März 1938 neuorganisiert und blieb bis 1940 anstelle des entmachteten Parlaments das eigentliche Zentrum der Macht. [2] Zwar waren die Parteien aufgelöst bzw. verboten worden, im Kronrat aber waren ehemalige Ministerpräsidenten und Minister aus diesen Parteien vertreten. [3] Da Karl II. seine Diktatur vor allem deshalb errichtet hatte, um eine Machtergreifung der faschistischen „ Eisernen Garde“ zu verhindern [2], waren deren Vertreter zunächst nicht im Kronrat [4], wurden aber auf Druck des nationalsozialistischen Deutschlands später doch hinzugenommen, woraufhin sich die Zahl der Ratsmitglieder auf 30 erhöhte. [5] Der Kronrat musste sich 1939 mit den Auswirkungen der Zerschlagung des tschechoslowakischen Verbündeten beschäftigen und entschied sich bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zunächst für die Neutralität Rumäniens. Die Annahme des sowjetischen Ultimatums zur Abtretung Bessarabiens, die Ablehnung ungarischer Forderungen zur Abtretung Siebenbürgens, stattdessen die Bitte um deutsch-italienische Vermittlung und schließlich die Annahme des Wiener Schiedsspruchs waren 1940 das Ergebnis heftiger Diskussionen im Kronrat. [6] Die letzte Sitzung am 31. August 1940 führte schließlich zum Rücktritt des Premierministers, zum Putschversuch der Eisernen Garde, zu Thronverzicht und Flucht Karls II. sowie zur Errichtung einer Militärdiktatur.

Militärdiktator Ion Antonescu löste noch am Tag der Flucht des Königs (7. September 1940) den Kronrat auf bzw. schaffte ihn mit der Verfassungsänderung von 1941 auch formal ab. [7] [8] [9] Spätere, gelegentlich ebenfalls als „Kronratssitzungen“ überlieferte Zusammenkünfte waren wohl nur Ministerratssitzungen mit dem neuen König Michael I. (Oktober 1942 über Ausnahme einiger Juden von der Deportation nach Transnistrien [10] [11], September 1944 Einbestellung und Verhaftung Antonescus und seiner Minister) [12] bzw. konspirative Treffen des Königs mit ehemaligen Kronratsmitgliedern (Mai 1944 „Geheimer Kronrat“). [13]

Die Monarchie wurde in Rumänien 1947 schließlich abgeschafft. Bei dem 2010 von Ex-König Michael geschaffenen und fälschlich gelegentlich als „Kronrat“ übersetzten Consiliul Regal handelt es sich lediglich um einen privaten Familienrat der Königsfamilie. [14]

  • Ion Mamina: Consilii de Coroană. Editura Enciclopedică, Bukarest 1997
  1. a b Denise Geng: Monarch und Militär – Zum Verhältnis von politischer und militärischer Führung im 19. Jahrhundert, Seite 205. LIT Verlag, Münster 2013
  2. a b Gerhard Besier, Katarzyna Stokłosa: European Dictatorships – A Comparative History of the Twentieth Century, Seite 228ff. Cambridge Scholars Publishing, Newcastle 2014
  3. Armin Heinen: Die Legion "Erzengel Michael" in Rumänien, Seite 365. Oldenbourg, München 1986
  4. Michael Weber: Der geistig-geistliche Mensch im Konzept der Gnade bei Dumitru Stăniloae, Seite 266. LIT Verlag, Münster 2012
  5. Dennis Deletant: Hitlerʼs Forgotten Ally – Ion Antonescu and his Regime, Romania 1940–1944, Seite 23. Palgrave, New York 2006
  6. Neagu Djuvara: A Brief Illustrated History of Romanians, Seite 393f. Humanitas SA, Bukarest 2016
  7. Ethan J. Hollander: Sword or Shields? Implementing and Subverting the Final Solution in Nazi-occupied Europe, Seite 390. University of California, San Diego 2006
  8. Johann Böhm: Das Nationalsozialistische Deutschland und die deutsche Volksgruppe in Rumänien 1936-1944, Seite 115. Lang, Bern 1985
  9. Alfred Kasamas: Österreichische Chronik, Seite 586. Hollinek, Wien 1949
  10. Elie Wiesel: International Commission of the Holocaust in Romania, Final Report, Band 1, Seite 300. Polirom, Bukarest 2005
  11. Yad Vashem: Solidarity and Rescue in Romania (From the Report of the Elie Wiesel Commission)
  12. Keith Hitchins: Rumania 1866-1947, Seite 499. Clarendon, Oxford 1994
  13. Wissenschaftlicher Dienst Südosteuropa: Legende und Wirklichkeit der rumänischen Kapitulation 1944, In: Comparative Southeast European Studies, Band 15, Heft 3/4, Seite 34. De Gruyter, Berlin 1966
  14. Consiliul Regal